1.2 Definition des Begriffs Mittelstand
Der Begriff „Mittelstand“ wird häufig von Politik, Behörden,
Medien und Banken verwendet. Jedoch liegt dort oftmals ein unterschiedlicher
Definitionsrahmen zu Grunde, was zu Irritationen und Missverständnissen
führt. Selbst Behörden, Ämter, staatliche Institutionen
und zahlreiche Verbände sind von der Abgrenzungsproblematik betroffen,
da Gesetze (z. B. HGB , GWB ) differente Größenabgrenzungen
in Bezug auf Mittelstandsunternehmen geben. Eine eindeutige Definition
ist daher notwendig, um das Mittelstandsunternehmen als Objekt und Mittelpunkt
dieser Arbeit zweifelsfrei identifizieren zu können.
Grundsätzlich bezeichnet der Begriff Mittelstand kleine und mittlere
Unternehmen. Dies korrespondiert mit dem häufig verwendeten Akronym
KMU, das für die Gesamtheit der kleinen und mittleren Unternehmen
steht. Durch eine möglichst genaue Abgrenzung soll erreicht werden,
dass die Begriffe: Kleinunternehmen, mittleres Unternehmen und Großunternehmen
überschneidungsfrei getrennt werden. Eine eindeutige Zuordnung der
Unternehmen ist dann möglich, wenn zur Abgrenzung nur mit einem Kriterium
gearbeitet wird.
Die Anwendung von zwei oder mehr Kriterien führt oftmals zu Abgrenzungsschwierigkeiten,
da nicht eindeutig ist, nach welchem Kriterium das Unternehmen einer Gruppe
zuzuordnen ist.
Im Rahmen der Betriebswirtschaft werden zur Abgrenzungsmethodik von Unternehmen
zahlreiche Vorschläge gemacht, welche sich grundsätzlich entweder
dem qualitativen oder dem quantitativen Ansatz zuordnen lassen. Darüber
hinaus finden sich Konzepte, die eine Kombination aus beiden darstellen,
also die quantitativen Kriterien durch qualitative ergänzen und dadurch
mehr auf die Eigenheiten von Betrieben eingehen.
1.2.1 Qualitative Abgrenzungsmethodik
Die qualitative (ordinale) Abgrenzung versucht mittels Merkmalskatalog
zahlreiche beschreibende Kriterien vorzugeben, die auf den Mittelstand zutreffen könnten. Hierbei ist es wichtig, besonders viele Merkmale
zu erfüllen, um dem Klein- und Mittelstandsbereich zuzugehören
und sich dadurch deutlich gegen Großunternehmen abzugrenzen. Diese
Methodik ist besonders mit Problemen in der Operationalisierung behaftet.
Das zeigt sich daran, dass zahlreiche Verfasser sich des Themas angenommen
haben, was zu einer Vielzahl an unterschiedlichen Merkmalskatalogen und
differenten Ansichten geführt hat. Jedoch haben die Verfasser ein
Ziel gemein: Einen möglichst guten Katalog zu generieren, um klare
Unternehmensabgrenzungen zu ermöglichen.
Exemplarisch für viele andere Merkmalskataloge sei hier der überschaubare
Ansatz von GANTZEL aus dem Jahr 1962 genannt, der sich auf wenige Kriterien
stützt:
- Der Unternehmer ist selbständiger Eigenunternehmer, der Kapital
und Leitung in seiner Hand vereinigt und Risiko und Verantwortung trägt.
- Die Unternehmung ist entscheidende Existenzgrundlage und Einkommensquelle
des Unternehmers und seiner Familie.
- Die Unternehmung ist die dauernde Lebensaufgabe und notwendige Grundlage
der Berufsausübung des Unternehmers.
- Die Struktur und Wirtschaftsweise werden von der persönlichen
Mitwirkung des Unternehmers bis in Details bestimmt.
- Die Mitarbeiter bilden eine personal-geprägte Betriebsgemeinschaft,
in der zwischenmenschliche Beziehungen durch persönliche Kenntnis
und ständige Fühlungsnahme bestimmt sind.
Weiter finden sich zahlreiche modernere Ansätze, die zum Teil einen
sehr umfangreichen Kriterienkatalog aufweisen. An dieser Stelle sei der
von PFOHL (1997) genannt. Ein weiterer Ansatz, der eine breite Definitionsauslegung
des Mittelstands unter qualitativen Gesichtspunkten darstellt, ist der
von WOSSIDLO, der die Auffassung vertritt, dass auch Ein-Mann-Unternehmen
als mittelständische Unternehmen anzusehen wären, da der Unternehmer
der sozialen Mittelschicht zugerechnet wird.
Aus vielen, zum Teil konträren, Ansätzen und Standpunkten der
Autoren wird deutlich, dass die Abgrenzungsproblematik dadurch nicht geringer
wird. Deshalb soll ein weiterer, der quantitative Ansatz, vorgestellt
werden.
1.2.2 Quantitative Abgrenzungsmethodik
Bei der quantitativen (kardinalen) Abgrenzung bieten sich besonders betriebswirtschaftliche
Kennzahlen an, die sich sehr einfach und schnell aus dem Jahresabschluss
entnehmen lassen. Am häufigsten sind das Größenindikatoren
wie z. B. Zahl der Beschäftigten, Jahresumsatz und Bilanzsumme. Es
fällt auf, dass der quantitative Ansatz bei zahlreichen Institutionen
Anwendung findet, um die statistische Forschungsarbeit zu vereinfachen.
Hierbei ist es notwendig, eine annähernd überschneidungsfreie
und in sich homogene Untersuchungsgruppe zu bilden. Die Europäische
Kommission hat sich vor Jahren mit der Abgrenzungsproblematik beschäftigt
und ihre Sichtweise als Empfehlung besonders an Politik, Banken und Forschungsinstitutionen
weitergegeben. Einerseits dient das der einheitlichen statistischen Betrachtung
bei den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, andererseits einer
kongruenten Berücksichtigung förderfähiger Unternehmen,
wodurch eine europäische Gleichbehandlung gewährleistet werden
soll.
Unternehmen |
Umsatz in
EUR |
Bilanzsumme |
Anzahl Mitarbeiter |
Kleinunternehmen |
max. 7 Mio. |
max. 5 Mio. |
< 50 |
Mittlere Unternehmen |
> 7 Mio. bis 40 Mio. |
> 5 Mio. bis 27 Mio.
|
50 bis 249 |
Großunternehmen |
> 40 Mio. |
> 27 Mio. |
> 249 |
|
ODER-Kriterium |
UND-Kriterium |
|
Abgrenzungskriterien |
Abbildung 2: Abgrenzungskriterien
(Quelle: Europäische Kommission, Empfehlung v. 03. April 1996)
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